Die Preisträger des fair music Award 2008, der dieses Jahr zum zweiten Mal verliehen wird, stehen fest. Das CD-Label col legno wird im Rahmen des HAYDN-JAHRES 2009 im Schloss Esterházy mit dem fair music Award ausgezeichnet. Weitere Preise gehen an das Ensemble Klangforum Wien, das Musikerkollektiv JazzWerkstatt und das Londoner Label Honest Jon’s Records. Das mica – music austria und der Internationale Musikrat (IMC) vergeben die Auszeichnungen.
2008 fair music: Die Initiative
fair music ist die erste Initiative für mehr Fairness und Gerechtigkeit in der Musikwirtschaft. Sie arbeitet daran, ein breiteres Bewusstsein für die Wichtigkeit von fair produzierter Musik zu schaffen, und die Stellung – sowohl der KünstlerInnen als auch der MusikhörerInnen – weltweit zu stärken. Musikfans haben ein Recht darauf, genau die Musik zu hören, die sie hören möchten. Kreative haben ein Recht darauf, für ihre Leistungen und Ideen Anerkennung und Bezahlung zu finden. HörerInnen gehen davon aus, dass das Geld, das sie für ihre Musik ausgeben, auch den KünstlerInnen ihrer Wahl zu Gute kommt. Aber können sie wirklich sicher sein, dass die KünstlerInnen einen gerechten Anteil von ihren Ausgaben erhalten und dass sie ihre Musik künstlerisch frei und unter fairen Bedingungen produzieren können?
Weltweit gibt es nach wie vor kein Urhebervertragsrecht, das KünstlerInnen vor nachteiligen Verträgen in Schutz nehmen würde. Nach wie vor sind die Fragen der ungerechten Verteilung im Bereich Weltmusik zwischen Nord und Süd unbeantwortet. So bleiben weiterhin viele KünstlerInnen zwar mit Begeisterung bei der Sache, bekommen aber von dem Geld, das in ihrem Namen von den Musikindustrien eingehoben wird, nur einen minimalen Anteil.
fair music tritt für die Etablierung fairer Regeln im Musikleben ein: den Schutz künstlerischer Freiheit, ausgewogene Verträge für Musikschaffende, faire Honorierung von KomponistInnen und MusikerInnen, eine gerechte Verteilung der Chancen für kleine ProduzentInnen weltweit und speziell für MusikerInnen aus Entwicklungsländern, sowie die deutliche Stärkung der Stellung von KünstlerInnen und HörerInnen gegenüber den verwertenden Unternehmen.
Als Vorbild dient die “fairtrade”-Initiative. fair music übersetzt deren Standards in die Welt kultureller Güter und Leistungen, und setzt sich für faire Standards in der Musikwirtschaft ein. Wie bei “fairtrade”, sollen auch fair music-Produkte mit einem Qualitätssiegel ausgezeichnet werden.
Als Grundlagen der Entwicklung von Kriterien, nach denen fair music zertifiziert werden kann, dienen unter anderem die auch vom Staat Österreich ratifizierte UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (2005), oder die vom Internationalen Musikrat (IMC), formulierten Musikalischen Grundrechte.
Um die angestrebten Ziele zu erreichen, entwickelt die Initiative derzeit gemeinsam mit dem Internationalen Musikrat (IMC), sowie NGO’s aus Musik und Kultur, Standards und einen Code of Conduct für die Zertifizierung von fair produzierter und vermarkteter Musik.
2008 fair music: Der Award
Gerechtigkeit im Musik-Business ist möglich: Der jährliche fair music Award 2008 wird heuer zum zweiten Mal verliehen. Im Jahr zuvor wurde die Preisträger erstmals im Rahmen der Ars Electronica in Linz geehrt. Die Auszeichnungen gingen damals an die Internet-Plattform Tonga.Online, das Netzwerk female:pressure, den Verlag Freibank Music Publishing und das Label Extraplatte.
Mit dem fair music Award 2008, der im Rahmen des HAYDN-JAHRES 2009 in Eisenstadt nun ein zweites Mal vergeben wurde, zeichnet die Initiative Unternehmen und Dienstleistungen aus, die im Sinne der fair music-Initiative ethisch und verantwortlich handeln. Die PreisträgerInnen erhalten nicht nur Urkunden, sondern auch das Recht, ihre Produkte mit dem fair music-Qualitätssiegel zu kennzeichnen.
Eine internationale Jury hat sich die Aufgabe gestellt, engagierte Projekte auszuwählen, die bereits heute in der Praxis zeigen, wie eine faire Musikwelt von morgen aussehen könnte. Zu den Jurykriterien, entwickelt auf Basis der Musikalischen Grundrechte und der bereits erwähnten UNESCO-Konvention, zählten: Künstlerische Freiheit, faire Bedingungen für die Kreativen, kulturelle Vielfalt, Service für den Kunden und Marktzugang für MusikerInnen aus Entwicklungsländern.
col legno: Neue Strategien für neue Publikumsschichten
Man kann als CD-Label auf die sichere Bank setzen und nur hundertprozentige Cash-Cows ins Programm nehmen. Als engagiertes CD-Label kann man auch musikalische Schöpfungen ins Programm aufnehmen, die nicht wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln weggehen. Col legno aber geht einen Schritt weiter. Nicht nur, dass es ein gehöriges Maß an Mut erfordert, im Jahr 2005 ein CD-Label neu zu gründen, – noch dazu eines das auch noch Platz für Neues und Verstörendes bietet -, sondern col legno macht mittels gezielten Marketings auch noch Lust auf diese Kunst. Das Business-Konzept sieht vor, die zeitgenössische Musik aus ihrer Nische zu holen. Neue Verkaufsstrategien sollen neue Publikumsschichten erschließen. Dieser Plan kommt auch den KomponistInnen und MusikerInnen der zeitgenössischen Musik zugute, die sich ohnehin nicht im elitären Elfenbeinturm verschanzen wollen. Col legno tritt den Beweis, dass ein Label für vornehmlich zeitgenössische Musik nach wirtschaftlichen Kriterien funktionieren kann, aber nicht auf dem Rücken der Musikschaffenden an, wie dies bei vielen CD-Labels Usus ist. Abgesehen vom Engagement bei der Produktion der Aufnahmen, ist dem Label die inhaltliche und ästhetische Gestaltung seiner Produkte ein besonderes Anliegen. Col legno geht sogar noch einen Schritt weiter und vergibt auch Kompositionsaufträge an zeitgenössische Künstler. Der CD-Katalog bietet Platz für ein breites Angebot, das, neben spannenden zeitgenössischen Kompositionen, so verschiedenartige Projekte wie beispielsweise die “Schubertlieder” der Osttiroler Band Franui, mit neuer Musik vertonte Künstlerbiografien wie jene von Günter Brus, bis hin zu einem experimentellen Pop-Album von Wolfgang Mitterer vorsieht.
Die Jury sah hier nicht nur die Kriterien künstlerische Freiheit, faire Bedingungen für die Kreativen, kulturelle Vielfalt und Service für den Kunden verwirklicht, sondern möchte darüber hinaus auch noch das besondere Engagement und die Kreativität in der Verbreitung zeitgenössischer Musik besonders hervorheben.
Klangforum Wien: Demokratie im Musikbetrieb
Seit über 20 Jahren steht das Klangforum Wien für Demokratie im Musikbereich. Schon die Gründungsidee des Ensembles für die Interpretation zeitgenössischer Musik sah das Aufbrechen traditionell hierarchischer Strukturen im Orchesterbetrieb vor. Die gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen Interpreten, Dirigenten und Komponisten ist zentral für das Selbstverständnis der MusikerInnen. Peter Rantasa erklärt: “Auch der faire Umgang von KünstlerInnen miteinander ist ein wichtiges Thema: Die offene Praxis des Ensemblekollektivs, aber vor allem auch die gleiche Entlohnung der Mitglieder haben im langjährigen Bestehen nicht nur eines der weltbesten Ensembles im Genre “Neue Musik” hervorgebrachte – die Klarheit auf der wirtschaftlichen Ebene schafft auch hier die Grundlage für jene künstlerisch freien Entscheidungen über Repertoire und Partnerschaften, die diesen Weltruf zu begründen vermögen.”
Honest Jon’s: Die ganze Welt in Notting Hill
Das “hippest world-music label going” (Entertainment Weekly) hat die Jury hinsichtlich der Bandbreite seines Angebots, das auch Musik aus den Ländern des Südens einschließt, überzeugt. Honest Jon’s veröffentlicht Reissues von afrikanischer, lateinamerikanischer und arabischer Musik über Folk, Funk, Jazz, Disco, Reggae, Dub und Calypso bis hin zu neuen Aufnahmen im Feld des Afrobeat, Jazz, Soulful House und Dancehall. Seit 1974 gibt es Honest Jon’s in Form eines Shops in Portobello Road, Notting Hill in London. 2002 half Damon Albarn, Frontmann von Blur, das Label Honest Jon’s mitzugründen. Gleich die erste Veröffentlichung, Mali Music, war das Ergebnis von Sessions Albarns mit Musikern aus Mali, wie Bocoum und Tojmani Diabaté. Honest Jon’s legen Wertauf Qualität und geben ihre Musik nach wie vor auf CD und Vinyl heraus, was auch der Jury gefällt, und als Service am Kunden geschätzt wird. Eine wichtige Arbeit des Labels war auch die Dokumentation des musikalischen Erbes von Großbritanniens Immigranten-Communitys des letzten Jahrhunderts.
JazzWerkstatt Wien: Plattform von jungen für junge MusikerInnen
2004 von sechs jungen Musikern gegründet, ist die JazzWerkstatt heute bereits ein wichtiger Teil der österreichischen Jazzlandschaft. Das Künstlerkollektiv möchte Chancen für junge MusikerInnen schaffen. Was in Wien begonnen hat, wird auch schon auf ganz Österreich ausgeweitet und auch international fortgesetzt. Der Jury gefiel hier die Betonung auf das Kollektive, auch hier überzeugte das hohe Ethos des Projektes, das als Eigeninitiative jungen Künstlern in einem sehr hermetischen Umfeld eine spannende und effiziente Plattform auf hohem künstlerischen Niveau gibt. JazzWerkstatt Records sorgt als Label für Präsenz der JazzWerkstatt-Produktionen auf dem Tonträgermarkt. In der Kategorie “Service für den Kunden” hat die JazzWerkstatt auch durch den freien Eintritt zu ihren Konzerten überzeugt. Im Jahr 2006 hat die JazzWerkstatt als Kollektiv den Hans-Koller-Preis als “Newcomer des Jahres 2006” erhalten.
2008 fair music: Die Initiatoren
mica – music austria
Als 1994 gegründete unabhängige, gemeinnützige ExpertenInnen-Organisation dient mica – music austria der weltweiten Förderung und Verbreitung von Österreichischer Musik aller Sparten.
mica – music austria ist ein wichtiger Netzwerk-Knoten und Kontaktzentrum für ProduzentInnen, BerufsmusikerInnen und MusikhörerInnen in Europa. Es verbindet kulturpolitisch Tätige mit dem Musiksektor und stellt ein Forum für verschiedene Interessengruppen dar.
Seine Dienstleistungen umfassen Musik-Nachrichten und Musik-Neuigkeiten auf mica.at, eine umfassende Österreichische KomponistInnen-Datenbank, Beratung und Know-how-Vermittlung für Musikschaffende, sowie die Download-Plattform “manymusics.org”.
Als Mitglied internationaler NGOs im Bereich der Musik, z.B. IAMIC und IMC, spielt mica – music austria eine aktive Rolle im globalen Netzwerk der Musik.
International Music Council – IMC
Der Internationale Musikrat (IMC) wurde von der UNESCO 1949 als Beratungsgremium auf dem Fachgebiet der Musik gegründet und ist eine unabhängige internationale Nicht-Regierungsorganisation mit Sitz im UNESCO-Gebäude in Paris. Er widmet sich der Entwicklung und Förderung diverser Musikarten und setzt sich weltweit für das Grundrecht auf musikalischen Ausdruck, auf freien Zugang zur Musik und auf Musikerziehung sowie für die Erhaltung von musikalischem Kulturerbe und Vielfalt in der Musik ein.
Zu den Mitgliedern des weltweiten Netzwerkes zählen nationale Musikräte in ca. 80 Ländern und ca. 40 europäische und internationale Organisationen die verschiedenste Branchen der Musik vom Chorgesang über Orchester, traditionelle Musik, elektro-akustische Musik und Jazz sowie Musikhochschulen, Rundfunkanstalten bis hin zur Musikindustrie repräsentieren.