17. KlezMORE Festival Vienna 2020

In Zeiten von Covid -19 ist es eine im Wortsinn merkwürdige Angelegenheit, ein Festival wie das KlezMORE 2020 zu konzipieren, und, wie in der Kulturbranche leider unumgänglich, zu beginnen es mit beträchtlichem zeitlichem Vorlauf zu kommunizieren. Wir alle haben erlebt, wie schnell alles ganz anders war, wie unsere Lebensgewohnheiten, unsere Alltage und unsere Kultur, elementar verändert wurden. Bis jetzt fehlen auf Bundesebene jegliche kulturpolitische Konzepte, die irgendeinen bewussten Umgang mit einer zugegeben dynamischen und komplexen Situation erkennen ließen. Zu einer unvermeidlichen wirtschaftlichen Rezession wird sich im Herbst sehr wahrscheinlich eine geistige, emotionale und künstlerische gesellen, die große Depression revisited. Es sei hier der Kulturabteilung der Stadt Wien gedankt, die bestehende Förderzusagen trotz der ungewissen Situation ausschüttet. Ja, es ist leider absolut denkmöglich, dass keine der geplanten Veranstaltungen so wie geplant stattfinden kann. Zum jetzigen Zeitpunkt kann man davon ausgehen, dass unter noch leistbaren (und absolut sinnvollen!) Hygiene/Sicherheits-Auflagen und mit verringerten Publikumskapazitäten das 17. KlezMORE Festival seine diversen Bühnen bespielbar vorfindet, von einem Publikum wahrgenommen, das von seinem Grundrecht auf intellektuellen und künstlerischen Input auch unter etwas widrigen Umständen Gebrauch macht. Festival, Künstler*innen und Publikum einander so vielleicht ein gar nicht so wirkungsunmächtiges Anti-Depressivum sind …

Das von Friedl Preisl und Roman Britschgi zusammengestellte Programm muss zwar aus naheliegenden Gründen 2020 auf reisende, internationale Künstler*innen verzichten, aber auch die „innerösterreichische“ Variante hat es in sich.

Schon die erste Eröffnungsgala mit Steve Gander & Friends (eine der Friends Otto Lechner am Keyboard) und dem Sistas Chor am 7.11. im Porgy & Bess verspricht eine garantierte Sternstunde, wenn dieses tolle Musiker*innen-Kollektiv sich gekonnt den Songs des großen Leonard Cohen annimmt. Tags darauf trifft im wunderbaren Loreley Saal die Sängerin Ethel Merhaut, die im Oktober ihr neues Album „Süß & Bitter“ veröffentlicht haben wird, auf die unvergleichlichen Wladigeroff Brohters. Album? Das Moritz Weiss Klezmer Trio & Friends präsentieren im Rahmen des KlezMORE Festivals ihre „Klezmer Exposion“ (17.11., Radiokulturhaus). Esther Wratschko steht den Vienna Klezmer Sessions vor, bei denen am 9.11. und 16.11. Musiker*innen unter ihrer Leitung frei zum Thema Klezmer/KlezMORE miteinander spielen können, im Kulturcafe Max im 17. Bezirk.

Aus Linz angereist lassen New Ohr Linz gehörige Portionen Dixieland in ihren Klezmer fließen (15.11., Metropol), „Revolutionary Yiddish Music“ verspricht Isabel Frey & Duo Trenev & Weiss (11.11. Ehrbar Saal), während die Niftys schon als Space/Surf-Klezmer beschrieben wurden, solchen Zuschreibungen aber immer mindestens eine innovative Sound-Idee voraus sind (12.11., Sargfabrik). „Im Zauberzelt Liebe -Momentn fun glik“ steht programmatisch, nach Gedichten von Rose Ausländer und der Sängerin Simone Pergmann selbst, über dem Abend des 10.11. im Theater Akzent mit Simone Pergmann & Ensemble Majimaz, mit dem Gambevirtuosen Christoph Urbanetz als Gast. Gedichte stehen im Zentrum des ersten Teils des Abends am 18.11. im Ehrbar Saal, Tatjana Velimirov und Richard Schuberth lesen Gedichte der Lyrikerin Tamar Radzyner, vertont von Jelena Poprzan. Danach gibt es Gelegenheit das neue Duo von zwei Stammkünstlern des Klezmore Festivals, (Aliosha) Biz & Chevchenko (Alexander) zu erleben. Mit Scheiny´s All Star Yiddish Revue (20.11., Sargfabrik), der ersten Abschlussgala mit TROI im Stadtsaal (21.11.) und dem Vienna Klezmore Orchestra mit Benjy Fox-Rosen am 22.11. als zweite Abschlussgala im Metropol hat das Festival auch zum Ausklang musikalisch Substantielles zu bieten.

Kein KlezMORE ohne Stummfilm Matinee mit Livevertonungen von Stummfilmklassikern, an den Festivalsonntagen 8.11., 15.11. und 22.11. jeweils ab 13h im Filmhaus Spittelberg.

Und am 14.11. öffnet einmal die KlezMORE Festival Lounge im Cafe Mocca ihre Pforten, Roman Britschgi präsentiert das Duo Milos Todorovski & Ocar Antoli.

Text: Rainer Krispel

 

Links:
KlezMORE Festival