100 Prozent: Christina Bauer

Mit dieser Serie bündelt mica – music austria die Erfahrungen und Sichtweisen von Frauen im Musikbusiness. Warum „100 Prozent“? Weil Gleichstellung zu 100 Prozent anstrebenswert ist… und es immer noch viel zu tun gibt. Dieses Mal im Interview: die aus Niederösterreich stammende Klangregisseurin Christina Bauer, die in den vergangenen Jahren unter anderem für die Neue Oper Wien, das Klangforum Wien, das Black Page Orchestra und die Salzburger Festspiele tätig war.

Welche Personen/Institutionen/Förderprogramme haben dir auf deinem Weg im Musikbusiness weitergeholfen?

Christina Bauer: „Auf Schiene gebracht“ hat mich damals das besetzte Ernst-Kirchweger-Haus, in dem ich auch einige Jahre wohnte. Es gab einen Theatersaal, in dem wir im Sinne anarchistischer Selbstermächtigung Konzerte, Kino und Theateraufführungen veranstalteten. Die verfügbare Veranstaltungstechnik war zusammengeschnorrt und -gebastelt. Vermutlich wollte sich auch deswegen niemand ernsthaft um die Tontechnik kümmern. Gestärkt durch diverse technische Erfahrungen in Proberäumen bin ich dann ins Becken gesprungen. Bald darauf hat mir die Begegnung mit Dieter Kaufmann, dem damaligen Leiter des Instituts für Elektroakustik an der Musikhochschule, heute mdw, den richtigen Denkanstoß gegeben, dass zeitgenössische Musik – für die ich mich damals schon sehr interessierte – durchaus ein Betätigungsfeld für mich sein könnte.

Wie und wodurch hast du Erfahrung im Musikbusiness gesammelt? Was waren die größten Hürden und wie konntest du sie überwinden?

Christina Bauer: Erfahrung erlangt man/frau durch permanentes Ausprobieren. Du darfst nichts unversucht, und, vor allem darfst du dir nichts dreinreden lassen. Das war und ist nicht immer einfach und unterhaltsam, denn gerade die Veranstaltungstechnik ist voller „cooler Jungs“, die sehr davon überzeugt sind, „den einzig wahren Weg“ zu kennen.

„Verbündete und Vertraute bei sich zu haben, kann durch jedes Tal und jede noch so lange Nacht helfen. Das gilt aber nicht nur fürs Musikbusiness.“

In welcher Form wurdest du auf deinem Karriereweg unterstützt? Wo hättest du dir (mehr) Unterstützung gewünscht? Hattest du selbst passende Role-Models in deinem Umfeld, an denen du dich orientieren konntest?

Christina Bauer: In meinem unmittelbaren Umfeld gab es damals keine Vorbilder. Aber Kim Gordon (Bassistin von Sonic Youth) das erste Mal live in der Arena zu sehen (ich glaube, das war 1986), hat mir ordentlich die Schuh auszog´n und mich lange inspiriert.

Welche Role-Models gibt es in Hinblick auf Frauen im Musikbusiness aktuell? Was kannst du selbst weitergeben?

Christina Bauer: Den „üblichen“ guten Ratschlag, sich selbst, dem eigenen Geschmack und ästhetischen Empfinden zu vertrauen, kann auch ich nur unterschreiben. Wichtiger als alles andere ist aber sicher das persönliche Umfeld. Verbündete und Vertraute bei sich zu haben, kann durch jedes Tal und jede noch so lange Nacht helfen. Das gilt aber nicht nur fürs Musikbusiness.

„Niemand glaubt jetzt mehr, dass ich […] zufällig beim Mischpult sitze.“

Welche Rolle spielt das Alter für dich?

Christina Bauer: Eine große, und das im positiven Sinn. Niemand glaubt jetzt mehr, dass ich die Freundin vom, meist viel jüngeren, Tonassistenten bin und deswegen zufällig beim Mischpult sitze.

Welche Fragen wurden dir häufig gestellt, die einem Mann niemals gestellt werden würden?

Christina Bauer: Was ich manchmal gefragt wurde und mich immer sehr verblüfft hat: „Wie kommt man – als Frau – in diesen Beruf?“ Ich entgegnete dann immer, dass ich schließlich mit den Ohren und dem verarbeitenden Gehirn und nicht mit den Geschlechtsorganen höre. Nicht ohne gleich die Gegenfrage nachzuschießen: „Und wie bewerkstelligen Sie das so mit dem Hören???“

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