Mit dieser Serie bündelt mica – music austria die Erfahrungen und Sichtweisen von Frauen im Musikbusiness. 2025 blicken wir Behind the Scenes und widmen uns den Personen, die hinter den Musiker:innen stehen. Ungeachtet vorhandener Kategorien, Quoten oder Zuordnungen braucht es uns alle um zu 100% für Feminismus einzutreten.
Welche Art von Unterstützung hast du im Lauf deiner Karriere erhalten?
Eva-Maria Sens: Da ich eine Quereinsteigerin in die Musikbranche bin, fand die Unterstützung in erster Linie dadurch statt, dass ich zu verschiedenen Zeitpunkten Chancen von einzelnen Personen erhalten habe. Dieses „Lernen dürfen“ war die größte Unterstützung, die ich erfahren habe.
Wie und wo hast du Erfahrungen in der Musikbranche gesammelt?
Eva-Maria Sens: Als Praktikantin am Burghof Lörrach. Dort habe ich u.a. backstage bei Leonard Cohen, Mando Diao und Macy Gray Geschirr gespült. Einmalig! Eigentlich wollte ich beruflich – ach einer Kindheit und Jugend, die von aktivem Musikmachen geprägt war – gar nicht in die Musikbranche. Aber als mir bei anderer Gelegenheit während dieses Praktikums dann ein Job als Tourmanagerin beim Kammerorchester Basel angeboten wurde, habe ich auf mein Bauchgefühl gehört und ihn angenommen.
„Die größte Herausforderung war, mich im Strudel der im Kulturbereich erwarteten Selbstaufopferung nicht völlig zu verlieren.“
Was waren deine größten Herausforderungen, und wie hast du sie gemeistert?
Eva-Maria Sens: Die größte Herausforderung war, mich im Strudel der im Kulturbereich erwarteten Selbstaufopferung (es gibt immer zu wenige Ressourcen für viel zu viel Arbeit) nicht völlig zu verlieren. Es gab da durchaus einige kritische Momente in den zurückliegenden Jahren. Die Obsession mit meiner Arbeit hatte sehr viel mit dem Gefühl zu tun, permanent beweisen zu müssen, dass ich es wert bin den Job zu machen – mir selbst gegenüber, aber auch Vorgesetzten und einem erweiterten Umfeld. Die Auflösung dieser Herausforderung ist ein steter Prozess, genährt aus externer und interner Wertschätzung und Vertrauen.
Hattest du in deiner Umgebung Role Models, an denen du dich orientieren konntest?
Eva-Maria Sens: Es waren rückblickend leider in erster Linie sowohl männliche als auch weibliche Negativbeispiele, die mich motiviert haben, es einfach anders machen zu wollen.
„Solidarität und Unterstützung dürfen sich nie nur auf das Geschlecht beziehen.“
Wie können sich Frauen (FLINTA*s) gegenseitig unterstützen und Solidarität in ihrem beruflichen Umfeld fördern? Was kannst du an die nächste Generation weitergeben?
Eva-Maria Sens: Solidarität und Unterstützung dürfen sich nie nur auf das Geschlecht beziehen. Unterstützung müssen alle erfahren, die Gefahr laufen, übersehen und übergangen zu werden. Das Rezept dagegen erscheint simpel: Als Leitungsperson Chancen geben, (Selbst)Vertrauen aufbauen, Lernen und Fehler machen lassen, Empfehlungen aussprechen. Und generell: Netzwerken und einander Support zur Verfügung stellen.
Mein Tipp an (nicht nur) die nächste Generation: Warte nicht darauf, dass jemand anderes es für dich richten wird. Betrachte keine Errungenschaft als selbstverständlich, sondern gehe stets noch einen Schritt weiter, auch wenn dieser scheinbar schon außerhalb deines Kompetenz- oder Komfortbereichs liegt.
Welche Fragen wirst du gefragt, die einem Mann nie gestellt werden würden?
Eva-Maria Sens: Wie ist es so als „Karrierefrau“?
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Eva-Maria Sens hat seit 2023 die künstlerische Leitung der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik inne. Als Teil des Expert:innen-Pools der Servicestelle Tirol im Musikbüro Tirol berät sie zudem lokale Musikschaffende.
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