Am 7. März erschien die kreisrunde Gemeinschaftsproduktion der Hardcore-Punk-Bands Naca7 aus Schwechat und Mantan aus Fischamend. Eine Split EP mit je zwei Tracks jeder Formation zeigt die Wertschätzung auf beiden Seiten – sowohl der A-, als auch der B-Seite. Backbeat sprach mit Teilen der Bands kurz vor ihrem Gig in der Sol Bar in Bad Vöslau. Von Martin Macho in Kooperation mit mica – music austria.
Kurz zu den Eckdaten: 1998 gründeten sich Naca7 als Band, 16 Jahre und vier Studioalben später sind die Schwechater zu etablierten Szenegrößen im Bereich Hardcore-Punk aufgestiegen. Mantan formierten sich 2009, vor fast genau einem Jahr legten sie mit „Coexistence“ ihr Erstlingsalbum vor. Jetzt taten sich beide Gruppen für einen Gemeinschafts-Release zusammen. Ihre exzellente 10 Inch Split EP mit je zwei Nummern von Naca7 und Mantan ist seit 7. März erhältlich.
Nicht nur die Kollaboration an sich, auch dass sich beide Formationen jeweils eines Titels der anderen Band annahmen, beweist den wechselseitigen Respekt vor der musikalischen Arbeit. Auf der Split EP erhielt sich aber weit mehr als das pflichtbewusste Herunterklopfen des Eigen- und Fremdmaterials. Im künstlerischen Wirkungsrayon von Reverenz, Ausprobieren und virtuoser Eigendarstellung entstand ein Werk, das als wütender Widerpart zur übel riechenden Featuring-Unkultur des Staatsradios leuchtet.
Naca7 und Mantan verweigern sich dem enervierenden Einheitsgedudel. So lautet die Mission. Ganz Hardcore, ganz Independent, holen die zwei Bands weit aus für den längst überfälligen Arschtritt gegen die zum Klischee verdorbene Käsemusik und deren Plattform, die selbsternannten „Hitradios“ (Plattform hier eher: Die Form, die platt macht. Elendige Gleichmacherei also). Letztlich steht die Musik beider Gruppen für die Unkorrumpierbarkeit der hier agierenden Künstler. Es-J von Naca7 nennt sie „die falsche Musik“. Und lacht dabei.
Wer hatte die Idee zur Zusammenarbeit zwischen Mantan und Naca7?
Raffi (Mantan): Irgendwann haben wir bei einer, sagen wir, Besprechung im Arena-Beisl beschlossen, gemeinsam eine Single machen zu wollen, mit je zwei Nummern von jeder Band. Im Laufe dieser Besprechungsarbeit (lacht) hat sich dann herauskristallisiert, dass wir von der jeweils anderen Gruppe auch noch eine Coverversion aufnehmen werden.
Es-J (Naca7): Eigentlich ist das ja auch der Sinn einer Split EP, dass sich die beiden Bands irgendwie überschneiden. Außerdem spiegelt diese Scheibe die Wertschätzung der anderen Band und der Leute wider. Das macht auch eindeutig den Charakter der Platte aus.
Hoochi (Naca7): Wobei es den Schmäh mit den Covers bei Split EPs in Wahrheit ja schon länger gibt. Also was lag da näher, als das auch einmal auszuprobieren.
Flo (Mantan): Dazu muss gesagt werden, alles an der Platte ist DIY produziert worden. Die Bands haben live gespielt, die Musik ist nicht irgendein zusammengeschnittener Pfusch. Allein für „In Between“ haben wir glaub´ ich so um die 45 Takes gebraucht (lacht). Die EP wurde von uns selbst gefaltet, das Cover separat gedruckt, die Hüllen separat besorgt. Jeder der die Platte hat weiß, dass alle Bandmitglieder sie vorher auch in der Hand hatten.
War es euch hier wichtig, aus ähnlichen musikalischen Richtungen zu kommen?
Flo: Naja, die Herausforderung dabei ist, wie du die Lieder einer anderen Gruppe in deinem eigenen Sound rüberbringen kannst. Je unterschiedlicher die Bands sind, desto interessanter wird natürlich die ganze Sache. Jeder versucht halt, seinen gewohnten Spielstil in die Covers einzubringen. Ich glaub´, das ist uns gelungen.
Thomas (Mantan): Bei der Platte ist aber der Download-Code mit angegeben. Damit kann man sich auch das Original des Songs anhören. Dann merkt man, was die jeweilige andere Gruppe aus der Ursprungsversion gemacht hat.
Warum gibt es die Scheibe nur auf EP, sind alle anderen Formate für euch wertlos?
Flo: Für mich persönlich schon. Erstens ist Vinyl optisch einfach das schönere Format. Zweitens ist vor allem durch mp3 die Wertschätzung für die Musik verloren gegangen. Wenn du eine Platte in der Hand hältst, schätzt du die Musik darauf automatisch höher, als wenn du irgend so ein Trumm eingesteckt hast, groß wie ein Tschickpackl, auf dem 4.000 Songs oben sind. Eine Platte greift sich gut an, du kannst sie betrachten, auflegen, dann das Krachen beim Abspielen – ist schon was ganz anderes.
Es-J: Wenn du die Kids heute stehen siehst, mit ihren billigen Ohrstöpsel, wie sie sich irgendein beliebiges mp3 anhören, dann ist das für jemanden der das qualitativ hochwertig aufnimmt und ernsthaft betreibt eigentlich eine Farce. Beim Endabspielgerät, bei dem man weder Bässe noch Höhen hören kann, ist einfach kein Leben mehr drauf. Darum ist ja gerade wieder der Hype um die Vinyl-Platte. Heutzutage ist leider der klassische Ö3-Hörer in der Überzahl, der nichts mehr darauf gibt, dass die Musik gut klingt. Dann gibt es noch die – bedauerlicherweise sehr raren – Freaks, die auf diese miese Sampling-Rate von mp3s pfeifen. Gerade für diese Leute machen wir Musik. Die anderen 90 Prozent kennen uns eh nicht, weil wir im Radio nicht gespielt werden.
Ist es euch wichtig, dass der Sound auf Platte genauso wiedergegeben wird wie beim Spielen?
Hoochi: Von Naca7 kann ich behaupten, dass auch unsere CDs so klingen, als ob die Band neben dir stehen würde. Das haben wir immer schon so gemacht. Eine Platte klingt definitiv anders, aber auch keine unserer CDs ist überproduziert. Auf alle Fälle können wir den Großteil unseres Album-Materials jederzeit live umsetzen. Wir haben aber schon genug Bands gesehen, die live nicht einmal ansatzweise das bringen, was sie auf Platte spielen. Es gibt nichts Grottigeres als wenn du zum Beispiel merkst, dass im Studio mit den Stimmen herumgearbeitet worden ist, weil der Sänger live keinen Ton trifft.
Welche Art von Rückmeldung der Fans wäre für euch Beleg dafür, dass das Produkt gelungen ist?
Hoochi: Das größte Kompliment ist, wenn Leute das Ding kaufen, in der Hand haben und aus dem Grund ihren alten Plattenspieler, den sie ewig nicht benutzt haben, auspacken, damit sie sich die neue Scheibe anhören können. Das ist es, was zählt. Die Akzeptanz, dass das Kunst ist was wir machen, ist unser Ziel.
Es-J: Ein paar Leute haben schon zu uns gesagt, dass sie gar keinen Plattenspieler haben! Denen taugen einfach der haptische Eindruck und das Layouting. Die hängen sich das durchsichtige Vinyl sogar als Dekorationsgegenstand zuhause auf! Das ist eigentlich das allergrößte Lob, das man bekommen kann.
Welche Bedeutung hat das Medium Video für euch?
Es-J: Wir sehen unsere insgesamt sieben Videos als Promotion-Tool. Es ist ein gutes Werbemittel für unsere Musik, das du dann auf Facebook posten kannst. Geld verdienst du damit mit Sicherheit keines, das kannst du vergessen. Dafür einen Haufen zu investieren zahlt sich nicht aus. Unser erfolgreichstes Video, „Ap/Hc“, war gleichzeitig unser billigstes, eine simple One Shot-Geschichte. Insgesamt merkt man schon, dass Videos einen Sinn machen, weil ein gewisser Wiedererkennungswert bei den Fans da ist. Immer wieder reden uns Leute darauf an.
Aber einen künstlerisch-ästhetischen Wert seht ihr schon?
Es-J: Natürlich. Unsere ersten Videos mit Naca7 waren ja fast Kunstfilme. Bis hin zu so Sachen wie „It Ain´t“, zu dem wir ein Video in einer Media Markt-Filiale inmitten von hundert CDs gedreht, und zum Schluss eine alte Gitarre zertrümmert haben. Also ganz unterschiedliche Dinge, die wir an den jeweiligen Song angepasst haben. Über die Jahre haben wir festgestellt, dass die freakigen Sachen eher hängen bleiben, als wenn man sich mit den Videos künstlerisch verewigen möchte.
Flo: Mantan haben zwar erst ein Video (zu „To Be Continued“, Anm.) gemacht, sehen das Format aber als Möglichkeit, ein Bild deiner Band ins Netz zu stellen, und dich musikalisch und optisch zu präsentieren. Die Leute schauen sich das eher an, als wenn du nur einen Soundstream postest.
Wie läuft die derzeitige Tour zur EP?
Es-J: Wir haben jetzt vier gemeinsame Konzerte gespielt. Mit dem heutigen Auftritt sind noch zwei weitere geplant. Für Herbst läuft gerade die Planung. Das Booking ist ja genauso schwierig wie alles andere, aber wir wollen im Herbst schon noch so zwei, drei Wochen touren. Von Naca7 wird es im November wieder als Höhepunkt das alljährliche Sommerschlussfest bei uns in Schwechat geben. Da spielen wir gemeinsam mit Mantan und vielleicht noch einer dritten Band, und präsentieren noch mal diese Split EP.
Thomas: Wir von Mantan haben, unabhängig von den Gigs mit Naca7, für Pfingsten eine fünftägige Tour durch Österreich, Deutschland und die Schweiz geplant.
10 Inch Split EP Mantan/Naca7:
1. Open Book – Naca7
2. Voice Of Liberation – Naca7 (Cover)
3. To Be Continued – Mantan
4. In Between – Mantan (Cover)