„Aber aus mir kommt eher instrumentale Musik“ – MARKUS SCHLESINGER im mica-Interview

In Kürze veröffentlicht der Gitarrist MARKUS SCHLESINGER sein neues Album „Stories to be told“. Mit Jürgen Plank sprach er darüber, warum er dafür auch auf klassische Blues- und Soul-Stücke zurückgegriffen hat und ob er Katzen mag – denn ein Stück trägt den Titel „Wenn Katzen…“.

Ihr aktuelles Album heißt „Stories to be told“. Welche Geschichten mussten für Sie mit diesem Album erzählt werden?

Markus Schlesinger: Hinter jedem Stück steht eine Geschichte und das Album ist eine psycho-hygienische Aufarbeitung der letzten zwei Jahre. Für jedes Stück gibt es einen Grund, warum ich es geschrieben bzw. für das Album ausgewählt habe.

Wie würden Sie Ihre Musik selbst beschreiben?

Markus Schlesinger: Damit tue ich mir immer schwer. Meine Musik ist schon ein bisschen blues- und jazzlastig. Bei den Eigenkompositionen tue ich mir mit einer Genre-Zuordnung schwer, die Frage kann ich nicht wirklich beantworten.

Aber das Eröffnungsstück ist eine alte Bluesnummer: „Sittin on Top of the World“. Verweist der Albumtitel „Stories to be told“ somit in Richtung der Wahrhaftigkeit von Blues-, Folk- bzw. traditioneller Musik?

Markus Schlesinger: Grundsätzlich schon. Mir geht es bei meinen Stücken immer darum, eine Geschichte zu erzählen. Denn wenn ein Instrumentalstück mit einer Geschichte verwoben ist, dann kann man sich darunter auch einfach mehr vorstellen. Man kann das Stück dann auch anders empfinden, als wenn die Stücke auf einem Album einfach durchnummeriert wären.

„Sittin on Top of the World“ haben viele Musiker gecovert – von Bob Dylan über Willie Nelson bis zu The Grateful Dead. Warum haben Sie sich für dieses Eröffnungsstück entschieden?

Markus Schlesinger: Weil ich finde, dass es ein positives Blues-Stück ist und eine gute Eröffnung für ein Album bzw. für ein Konzert. Es wird aus der Ich-Perspektive erzählt und es spricht mich an, es hat eine schöne Melodie und einen wirklich coolen Text.

„Zu meiner Stimme passen eher die schmutzigen, bluesigeren Sachen.“ 

Außerdem coverten Sie die Soul-Nummer „Ain’t No Sunshine“ – warum haben Sie sich für eine Instrumentalversion entschieden?

Bild Markus Schlesinger
Markus Schlesinger (c) Lukas Bezila

Markus Schlesinger: Weil es eine wirklich geile Nummer ist. Irgendwann habe ich mich hingesetzt und bin draufgekommen, dass in dieser Nummer auch Raum für Perkussion vorhanden ist. Es ist eine wunderbare Nummer, ich singe aber nicht, weil sich das mit meinem Stimmumfang schwer ausgeht. Es ist für mich eine sehr schwer zu singende Nummer, eine Zeit lang habe ich sie gesungen und bin dann aber wieder davon abgekommen. Zu meiner Stimme passen eher die schmutzigen, bluesigeren Sachen.

Zehn von elf Stücken am Album sind instrumental, ist dieses Verhältnis bei Ihnen meistens so gewichtet?

Markus Schlesinger: Die letzten zwei CDs haben jeweils eine gesungene Nummer enthalten. Es ist tendenziell so, dass eher weniger gesungen wird. Meistens ein Stück, vielleicht werden es bei der nächsten CD ein bisschen mehr Stücke sein, schauen wir mal. Ich werde grundsätzlich dazu ermutigt, mehr zu singen, und das Publikum fordert das auch. Aber aus mir kommt eher instrumentale Musik.

Ein von Ihnen komponiertes Stück auf Ihrem neuen Album heißt „Wenn Katzen…“ – welche Geschichte gibt es dazu?

Markus Schlesinger: Es gibt ja den Spruch: „Wenn Fliegen hinter Fliegen fliegen, fliegen Fliegen Fliegen hinterher.“ Ich habe das abgewandelt auf: „Wenn Kotzen hinter Kotzen kotzen, kotzen Kotzen Kotzen hinterher.“

Haben Sie eine Katze oder ist der Titel nur wegen des Wortspiels entstanden?

Markus Schlesinger: Ich hatte eine Katze und mag Tiere generell recht gern, das Stück heißt aber nur wegen des Wortspiels so. 

Wie wichtig ist Ihnen Humor auf der Bühne?

Markus Schlesinger: Sehr wichtig. Ich bin auf der Bühne gerne lustig und ich finde, das ist grundsätzlich ein wichtiger Faktor, weil Humor das Eis bricht und alle gerne lachen.

„Ich versuche, mich ständig weiterzuentwickeln und neue Techniken zu erlernen.“

Weil Sie hauptsächlich instrumentale Stücke spielen, könnte ich mir vorstellen, dass Sie viel über ihren Stil nachdenken. In der Musik geht es auch immer darum, einen eigenen Stil zu entwickeln. Wie haben Sie das gemacht? Oder ändert sich Ihr Stil immer wieder?

Markus Schlesinger: Das ist eine sehr gute und schwer zu beantwortende Frage. Das kann ich nicht wirklich sagen, das hat sich über die Jahre so herauskristallisiert. Ich versuche, mich ständig weiterzuentwickeln und neue Techniken zu erlernen. Oder in anderen Stimmungen zu spielen. Mein Stil drängt sich dann sowieso irgendwie auf und es wird dann eine eigene Nummer daraus.

Welche neue Technik ist in den letzten Jahren zum Beispiel dazugekommen?

Markus Schlesinger: Viel Perkussion, wenn ich auf die Gitarre schlage. In diese Richtung hat sich einiges getan. 

Wenn Sie an die Produktion des aktuellen Albums denken: Haben Sie die Stücke gleichsam live eingespielt oder gab es Overdubs?

Markus Schlesinger: Grundsätzlich spiele ich die Stücke in einem Take live ein. Es kann sein, dass hin und wieder ein Knacksen oder ein Fehler korrigiert werden muss. Aber im Großen und Ganzen ist es so eingespielt. Es gibt keine zweite Gitarre, auch live wird alles mit einem Instrument gespielt, das ist auch mein Anspruch an mich selbst.

Loop-Geräte kommen auch live nicht zum Einsatz?

Markus Schlesinger: Nein. Ich habe ein paar Mal damit herumexperimentiert, es war lustig, aber nicht ganz mein Fall.

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Zum Stück „Waiting For“ gibt es ein Video, das allen gewidmet ist, die auf etwas warten. Worauf spielen Sie damit an?

Markus Schlesinger: Es gibt ja oft Situationen im Leben, in denen man einfach sitzt und wartet, dass etwas passiert, anstatt tätig zu werden und etwas aktiv zu tun. In so einer Phase ist das Stück entstanden und deswegen auch der Name „Waiting For“.

Die geposteten Kommentare zu dem Lied sind positiv – wie sind überhaupt die Rückmeldungen, die Sie auf Ihre Musik bekommen?

Markus Schlesinger: Durchweg positiv, ich konnte in den letzten Jahren keine negativen Kommentare verzeichnen. Es gibt natürlich immer Ausreißer, gerade in den sozialen Medien gibt es Leute, die meinen, sie müssten sich ein bisschen wichtiger nehmen, als sie sind, und etwas Derbes posten. Aber das wird’s wahrscheinlich immer geben.

Wie wichtig sind für die Verbreitung Ihrer Musik die sozialen Medien, die Onlineplattformen?

Markus Schlesinger: Ich glaube, das ist das Wichtigste überhaupt. Gerade wenn es um digitales Material geht wie um YouTube-Videos und MP3-Verkäufe. Anders als mit sozialen Medien geht das nicht.

Sie sind aber nicht „nur“ Musiker, Sie veranstalten auch das Fingerstyle Festival. Wie wichtig ist es Ihnen, dass Sie auch anderen eine Plattform bieten, indem Sie Konzerte organisieren?

Markus Schlesinger: Grundsätzlich finde ich das sehr wichtig, denn als wir damals vor neun Jahren mit dem Festival angefangen haben, haben wirklich bekannte Fingerstyle-Gitarristinnen und -Gitarristen in Wien vor zehn bis 15 Leuten gespielt. Leute mit Millionen von Klicks auf YouTube! Das war für mich ein untragbarer Zustand und dann habe ich mir gedacht, dass es doch ganz gut wäre, ein Festival zu machen, in dessen Rahmen das Publikum sieht, dass es internationale und nationale Musikerinnen und Musiker gibt, die wirklich gut sind.

Haben sich durch das Festival auch Zusammenarbeiten ergeben?

Markus Schlesinger: Grundsätzlich ergeben sich schon immer Zusammenarbeiten bzw. Tourneen, die man dann miteinander bestreitet. Zum Beispiel war ich jetzt schon zweimal auf Tour in Ungarn, weil Tom Lumen bei uns gespielt hat und er mich dorthin eingeladen hat. Es ergibt sich also immer etwas, meistens ist das zum beiderseitigen Wohl.

Wie groß ist denn die Fingerpicking-Szene in Österreich?

Markus Schlesinger: Das ist auch eine sehr gute und schwere Frage, ich kann das nicht richtig einschätzen. Beim Festival letztes Jahr im Porgy & Bess hatten wir schon etwa 300 bis 350 Zuschauerinnen und Zuschauer, und das an zwei Abenden hintereinander. Ich weiß, dass extra deswegen Leute aus Tirol oder Kärnten angereist kommen, letztes Jahr ist sogar jemand aus Russland angereist.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Jürgen Plank

Live:
CD-Präsentation: Fr 27.04.2018, Fromme Helene, Josefstädter Str. 15, 1080 Wien, 20h

Link:
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Fingerstyle Festival